Dietzenbach - die zentrale Lösung |
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BECKEFELD / LANGBEIN / OHLIGER |
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1. ANALYSE |
Dietzenbach setzt sich aus einer Reihe unabhängig
voneinander existierenden Stadtteilen zusammen, von denen keiner allein in der Lage ist einen identifikatorischen, das heißt gesamtstädtischen
Kern zu bilden. Die sich dafür anbietenden Stadtteile, einerseits der historische Kern, andererseits die neu entstandene Großsiedlung, sind dazu ausunterschiedlichen Gründen nicht in der Lage: Das alte Kerndorf ist sowohl räumlich wie von seiner Bevölkerungszahl schlicht zu klein, zudem
ergibt sich aus seiner Funktion als Stadtteilmitte keine unmittelbare Notwendigkeit nach einer Neuorientierung. Die Großsiedlungen der 60er und 70er Jahre, in deren Umgebung die Neue Stadtmitte bisher vorgesehen ist, sind aufgrund ihrer sozialen Struktur ebenfalls
nicht in der Lage, zentrale Funktionen zu übernehmen.
Die Bevölkerung, oft sozial schwach und sich aus
unterschiedlichsten Nationalitäten und Kulturen zusammensetzend, ist zumeist mit ihrer individuellen Integration schon überfordert und nicht in der Lage, dazu noch eine übergeordnete sozial-integrative Funktion zu übernehmen. Die sozialen Probleme der Bewohner werden immer stärker individualisiert und führen zu einer Ghettoisierung einzelner Stadtbereiche
und in der Folge zu einer Stigmatisierung der gesamten Stadt, der so weitere Möglichkeiten genommen werden, die fortschreitende Abwärtsentwicklung zu stoppen,da die Stadt für Investitionen unattraktiver wird. |
2. ZIEL |
Der Planungsansatz zielt auf die Bildung einer Mitte im Sinne eines emotionalen Zentrums ab, welches die unterschiedlichen Stadtteile miteinander verknüpft,
da für einen räumlich-funktionalen Kern öffentlicher
und gewerblicher Funktionen weder finanzielle Mittel zur Verfügung stehen noch eine unmittelbare Notwendigkeit zu erkennnen ist. |
3. KONZEPT |
Aufgrund der Stadtstruktur Dietzenbachs, der Aneinanderreihung von Stadtteilen mit unterschiedlichstem Charakter,
wird ein die einzelnen Stadtteile durchquerender Verbindungsweg aus Kunstrasen vorgeschlagen, der mittels der
Aufstellung überdimensionaler Plüschwesen, sogenannten Schlampis, entlang des linearen Entwicklungsbandes emotional aufgeladen wird.Die angestrebte starke emotionale
Wirkung verbunden mit größtmöglicher inhaltlich-assoziativer
und funktionaler Unbestimmtheit wird in dem Projekt: "Die Rückkehr
der Schlampis" der Künstlerin Simone van gen Hassend
bestmöglich verwirklicht gesehen. Die zu erwartende kritische Haltung der Bevölkerung
gegenüber der Verwendung von Kunstrasen als Belag
für öffentliche Wege und insbesondere der Aufstellung
von Schlampis an zentralen Stellen im Ortsbild wird dabei
in das Konzept mit einbezogen: es entsteht ein öffentlicher
Diskurs, der von vornherein die Möglichkeit einer Konsensbildung
in sich birgt - selbst wenn dieser Konsens zunächst
nur ineinvernehmlicher Mißbilligung der Maßnahmen
besteht. Es wird jedoch damit gerechnet, daß diese Ablehnung
mit der Zeit in Zustimmung umschlägt, da die Schlampis
aufgrund ihrer spezifischen Eigenart keine tragfähige
Basis für eine dauerhafte ablehnende Haltung bieten
und man sie bei genauerer Betrachtung einfach gern haben muß. Als Rahmen dieses absehbaren Diskurses wird der Kunstrasenweg fungieren, entlang dem die Schlampis plaziert
sind und der die Funktion eines öffentlichen Platzes der
Meinungsbildung einnehmen wird - und darüber hinaus das Rückgrat
der zukünftigen Entwicklung Dietzenbachs bilden wird:
Die wichtigsten existierenden städtischen Einrichtungen
tangierend, wird das ca. 50 cm schmale Kunstrasenband
als Ort für zukünftige öffentliche und
private sowie institutionelle und informelle Nutzungen dienen. In Dietzenbach wird so eine die unterschiedlichen Stadtteileübergreifende Stadtstruktur entstehen. Entlang des Bandes werden sich weiterhin die Eigenarten
der einzelnen Stadtteile zeigen, gleichzeitig jedoch innerhalbeines übergeordneten, gemeinsamen Rahmens befinden.
Aufgrund seiner starken öffentlichen Funktion sowie seines
räumlichen Potentials wird sich das Band in einem
ständigen Wandel befinden und sich den wechselnden, verändernden
Anforderungen einer modernen Stadt anpassen und irgendwann in einer gewachsenen, hochkomplexen Stadtstruktur untergehen. |
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